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Münchnerauer Power

Tobias Ulbrich knackt bayerischen Rekord, Hannah Fleischmann kratzt an der Bestzeit: Die jungen Läufer der LG Region sind weit vor Saisonhöhepunkt in bestechender Form

Von Gunnar Giftthaler
Zuhause in der Münchnerau sind Tobias Ulbrich und Hannah Fleischmann fast Nachbarn, läuferisch trennen die beiden buchstäblich Meilen. Ihm kann die Strecke gar nicht lang genug sein, um seinen Rhythmus zu finden, sie liebt die Explosivität und maximales Tempo. Eins haben der U23-Langstreckenläufer und die U20-Sprinterin von der LG Region Landshut jedoch gemeinsam: Sie sind bereits früh in der Saison in bestechender Form – was sie übers Pfingstwochenende erneut unter Beweis gestellt haben. Ulbrich knackte im Halbmarathon den bayerischen U23-Rekord, Fleischmann verpasste ihren Bestwert nur wegen des starken Windes.


Die Zeiten, in denen Tobias Ulbrich tiefstapeln und den Außenseiter mimen konnte, sind wohl vorbei. Der frisch gebackene deutsche U23-Meister über die 10000-Meter-Strecke lässt sich selbst von nationalen Olympia-Athleten nicht mehr so leicht abschütteln. So geschehen am Pfingstsonntag beim Halbmarathon im österreichischen Bad Loipersdorf. Dort ging der 21-Jährige als mit Abstand Jüngster und einziger U23-Läufer an den Start.
Dass er in einem mit Olympia-Läufern gespickten, internationalen Spitzenfeld mitlief? Für Ulbrich kein Grund, nervös zu werden. Dass es goss wie aus Kübeln? Für Ulbrich auch kein Problem. „Klar, die Schuhe werden nass und schwerer, aber ansonsten mache ich mir da keine Gedanken, was um mich herum passiert. Da sind andere anfälliger“, sagt der junge Läufer ganz abgebrüht. Der Münchnerauer war schnell im Rhythmus, hielt das Tempo und geriet nur bei Kilometer 15 kurz ins Straucheln. „Da ist die Atmung hektischer geworden, da hab’ ich ein bisserl was verloren“, sagt er.
Schon erstaunlich, wenn man bedenkt, welche Spitzenzeit die Anzeigetafel an der Ziellinie dennoch ausspuckte: Platz zehn in 1:05,07 Stunden. Das ist nicht nur bayerischer U23-Rekord, damit ist der 21-Jährige zudem der schnellste Niederbayer aller Zeiten im Halbmarathon. Und hat ganz nebenbei die Norm für den Perspektivkader 2022 sowie die Weltsportspiele der Studenten erfüllt, die heuer allerdings coronabedingt ausfallen müssen. Doch mit der Leistung wachsen auch die Ziele: „Ich sehe ihn vom Niveau her so, dass er 1:04,30 Stunden packen kann“, meint sein Trainer Werner Forster.


Hannah Fleischmann hingegen wusste vor 14 Tagen noch nicht so recht, was sie packen kann: „Ich kann echt nicht einschätzen, wo ich momentan stehe“, sagte die 18-Jährige damals. Ein bisserl mehr Licht ins Dunkel brachte am Samstag das Kurpfalz-Meeting der U20-Kaderathleten in Weinheim. Wenngleich es Petrus mit den Sprintern ebenfalls nicht gut meinte – Nieselregen und starker Wind erschwerten den Wettkampf. Allerdings ist auch die junge Nationalkader-Athletin nicht aus Zucker, und so spurtete sie im 100-Meter-Vorlauf in 11,96 Sekunden und im Finale in 11,84 Sekunden durchs Ziel und wurde Fünfte. Eigentlich eine neue persönliche Bestmarke – doch wegen des starken Rückenwinds offiziell ungültig. „Das ist schon ein bisschen schade“, sagt Fleischmann.
Sei’s drum, Zeit zum Ärgern blieb eh nicht. Am Sonntag ging’s gleich weiter zum Meeting der bayerischen Kadersprinter in München. Trotz Vortagsrennen und Reisestrapazen in den Beinen lief Hannah Fleischmann im Finale in genau 12 Sekunden allen davon. „Das ist total gut, letztes Jahr war sie noch bei 12,22 Sekunden. Das ist kein Pappenstiel von Weinheim gleich nach München zu fahren“, findet auch ihre Trainerin Anneliese Albrecht.
Und die nächsten Ziele sind bereits gesteckt. Fleischmann tritt im Juni noch bei Staffelläufen in Regensburg an, bevor mit der EM-Quali am 3./4. Juli in Mannheim das große Highlight im Terminkalender steht. Und Ulbrich schnürt seine Laufschuhe im Sommer für kürzere Strecken auf der Bahn – als Vorbereitung für die deutschen Meisterschaften im Halbmarathon und über 10 000 Meter im Herbst. Eins ist klar: Wenn das Münchnerauer Powerduo so weitermacht, purzeln wohl bald die nächsten Bestzeiten.

Foto: ÖLV/Riedenbauer, imago/beautiful sports